Dissertation
 

Auguste Rodin, Der Denker, 1880Die Rechtsstellung des Vaters zu seinem ungeborenen Kind unter Geltung einer Fristenregelung, veröffentlicht 1997 im Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main

Aus der Einführung

"In der rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Abtreibungsproblematik werden Verantwortung und Interessen der Väter kaum gewürdigt. Entweder wird einseitig auf das Verhältnis zwischen Staat und Schwangerer abgestellt, Elisabeth Vigée-Lebrun, Selbstporträt mit Julie, 1789die Frau gar - in einer feministischen Sichtweise - als Objekt eines von Männern erdachten Abtreibungsstrafrechts gesehen. Oder aber der Schwangerschaftskonflikt wird - nicht weniger einseitig - als solcher zwischen der Mutter und ihrem ungeborenen Kind gedeutet. Beide Deutungsweisen klammern den Vater und seine Interessen aus der Betrachtung weitgehend aus. Dabei werden auch die Rechte des Vaters, obwohl er an keiner Stelle im Grundgesetz ausdrücklich erwähnt wird, durch das Grundgesetz geschützt, etwa in Artikel 6 Absatz 2 Satz 1, der Pflege und Erziehung der Kinder zum natürlichen Recht und zur Pflicht der Eltern bestimmt. [...] [Die Untersuchung möchte] klären, inwieweit der juristischen und moralischen Mitverantwortung des Vaters ein - wie auch immer geartetes - Mitwirkungsrecht entspricht. Es geht also keineswegs darum, eine Alleinentscheidung des Vaters zu konstruieren, sondern vielmehr um den 'legitimen Kern des Vaterinteresses'."

Aus der Zusammenfassung

"1. Der nasciturus ist grundrechtsfähig hinsichtlich des Grundrechts aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG.

2. Er ist in bezug auf dieses Lebensrecht auch im Sinne des Zivilrechts rechtsfähig.

3. Die elterliche Sorge im Sinne des § 1626 BGB beginnt nicht erst mit der Geburt des Kindes, sondern bereits bei Kenntnis von der Schwangerschaft.

4. Das Vormundschaftsgericht hat gemäß § 1666 BGB die erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung einer Abtreibung zu treffen, wenn der Schwangerschaftsabbruch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts indiziert ist. Als ultima ratio kann das Gericht den Abbruch untersagen.

5. Die Untersagung eines nicht-indizierten Schwangerschaftsabbruchs ist mit dem vom Bundesverfassungsgericht in seinem zweiten Fristenurteil entwickelten Beratungskonzept vereinbar.

6. Bei der Prüfung der Indikationsvoraussetzungen durch das Vormundschaftsgericht ist aufgrund des objektiv-rechtlichen Gehalts von Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 GG, der auch für Eltern ungeborener Kinder gilt, die Verantwortlichkeit des Vaters aus dieser Grundrechtsnorm zu berücksichtigen.

7. Der Vater kann nicht - weder unter Berufung auf eigene Rechte noch auf Rechte seines ungeborenen Kindes - einen Schwangerschaftsabbruch verlangen. Die Mutter des ungeborenen Kindes kann vielmehr gegen das Drängen des Vaters, die Schwangerschaft abzubrechen, nach § 1666 BGB vorgehen, wenn der Abbruch nicht indiziert ist.

8. Die vormundschaftsgerichtlichen Befugnisse zur Verhinderung einer nicht-indizierten Abtreibung sollten klar formuliert werden, um Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung zu vermeiden."

Echo

  • Deutsche Tagespost vom 20. März 1997 ("Väter können gegen Abtreibung klagen")
  • Stefan Brandmaier, Wie Väter Abtreibungen verhindern können, Lebensforum 1997, Seite 31
  • Werner Esser, Die Rechtsstellung des Vaters, in: Zeitschrift für Lebensrecht 1998, Seite 78
  • Rheinische Post vom 14. März 1997 ("Fürsorge vor der Geburt")
  • Rheinischer Merkur vom 21. März 1997 ("Väter können gegen Tötung klagen")
  • die tageszeitung vom 14. März 1997 ("Väter können gegen Abtreibung klagen")
  • Tröndle, in: Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kommentar, 49. Auflage 1999, Vorbemerkungen zu den §§ 218 bis 219b, Randnummer 14

"Eine Gesellschaft, zumal eine Wohlstandsgesellschaft, die bei Konflikten jeweils empfiehlt, den einfachsten Weg des Schwangerschaftsabbruchs zu wählen, eine Gesellschaft, die nicht versucht, den Frauen kurzfristig anders zu helfen und langfristig den Ursachen solcher Konflikte zu Leibe zu rücken, wäre nichts, wofür ich arbeiten könnte."
(Erhard Eppler)

Taufkirche in Götterswickerhamm (Niederrhein)